Margaret Johnstone - Begründerin des proaktiven Behandlungsansatzes mit den Luftpolsterschienen.
Margaret Johnstone lebte von 1919 bis 2006 in Schottland. Ihr erster Beruf war Krankenschwester, 1942 folgte die Ausbildung zur Physiotherapeutin. Nach der Diplomierung begann sie im Bangour Hospital in Broxburn auf der neurologischen Abteilung für kriegsverletzte Schädelhirntrauma-Patienten zu arbeiten. Ende der 40er, anfangs der 50er Jahren durchlebte Schottland mehrere Polioepidemien. Zurück in Edinburgh, widmete sich Margaret Johnstone der Kinderorthopädie, speziell der Rehabilitation von polibetroffenen Kindern und zwar im Princess Margaret Rose Orthopaedic Hospital. Ihre jüngere Schwester Ann, in der Zwischenzeit ebenfalls zur Physiotherapeutin diplomiert, arbeitete zur gleichen Zeit im selben Krankenhaus.
Im Jahr 1966 wechselte Margaret Johnstone ins Chalmers Hospital, um auf der Medizin und der Chirurgie die stationären und ambulanten Patienten zu behandeln. Für die Hirnschlagpatienten benutzte sie die gleichen Behandlungsmethoden, wie sie sie in Bangour erlernt und praktiziert hatte. Das Krankheitsbild Hemiplegie mit den unterschiedlichsten Muskeltonusverhältnissen, begleitet von kognitiven Dysfunktionen, war ihr schon aus der Kriegsverletztenrehabilitation bekannt. Der von ihr lange zuvor gehegte Gedanke, im Sinne einer proaktiven Massnahme zur Stabilisation der gelähmten Extremitäten während den übungsbehandlungen und zum Krafttraining oder zur prophylaktischen Kontrakturenverhütung 'Air splints' aus der Unfallmedizin zu benutzen, wurde vom leitenden Chefarzt positiv aufgenommen. Die erfolgreichen Rehabilitationsergebnisse veranlassten Margaret Johnstone, in Zusammenarbeit mit Svend Andersen, einer dänischen Firma, Luftpolsterschienen für erwachsene halbseitiggelähmte Patienten zu entwickeln. Später wurden Modelle für Kinder in vielen verschiedenen Grössen entworfen und hergestellt. Heute werden die Luftpolsterschienen in England von der Firma Arden medical produziert.
1974 gings beruflich einen Schritt weiter, ins Liberton Hospital, ebenfalls in Edingburgh. Hier stellte sich Margaret Johnstone der grössten Herausforderung, nämlich der Behandlung von schwerstbetroffenen Hirnschlagpatienten mit niedrigstem motorischem Erholungspotenzial. Nur dank dem Einsatz der Luftpolsterschienen konnten ihre Patienten beachtliche Fortschritte erzielen. In den Ruhephasen z.B. während der Mittagszeit wurden die paretischen Extremitäten in den Luftpolsterschienen gelagert - quasi als passive Massnahme zur Vermeidung von Weichteilverkürzungen und Kontrakturen. Beim aktiven Training wurden die Schienen zur Stabilisation der Extremitäten angelegt. Dies ermöglichte eine achsengerechte Gewichtsübernahme und frühzeitige Bewegungsausführung im gewünschten Erholungsmuster. Margaret Johnstones innovative Art mit scheinbar unlösbaren Problemen umzugehen erhielt grosse Beachtung. Die proaktive Massnahme mit Hilfe der Luftpolsterschienen, das heisst die vorbereitende Massnahme, um die erfolgreiche Ausführung einr motorischen Aktivität im physiologischen Bewegungsmuster zu erleichtern, wurde vom Physiotherapeutenteam, dem Pflegeteam und den ärzten mitgetragen. Die Angehörigen der Patienten wurden ebenfalls in der Handhabung der Luftpolsterschienen angeleitet, damit die Betroffenen auch ausserhalb der Therapiezeiten selbständig üben konnten. Zu einem späteren Zeitpunkt (1990) erhielt Margaret Johnstone den fellowship, die offizielle Anerkennung für ihre Pionierleistung auf dem Gebiet der Neurorehabilitation von der UK Chartered Society of Physiotherapy.
Von 1979 an konzentrierte sich Margaret Johnstone auf die Puplikation ihrer Bücher und erteilte überall auf der Welt Weiterbildungsseminare und hielt an Kongressen Referate und präsentierte Patientendemonstrationen. Ihre Schwester Ann unterstützte sie in der Pionierphase bei der Entwicklung der Luftpolsterschienen und deren Anwendung am Patienten und begleitete sie später bei der Verbreitung des neurotherapeutischen Behandlungsansatzes im In- und Ausland.
1985 kam Margaret Johnstone zum ersten Mal in die Schweiz und zwar auf Einladung von Dr. med. Beat Selz, damals leitender Arzt der Rehabilitationsabteilung des Bürgerspitals Solothurn. Hier wird ihre Behandlungsphilosophie, welche auf neurophysiologischen und neuropädagogischen Prinzipien beruht konsequent praktiziert und dem aktuellen Erkenntnisstand der Neurowissenschaften laufend angepasst; es werden Weiterbildungsseminare angeboten und LehrtherapeutInnen ausgebildet. Die proaktive Behandlungsmassnahme mit den Johnstone-Luftpolsterschienen bei zentralmotorischen Lähmungen wurde mehr und mehr bekannt und etablierte sich inzwischen auch im deutschen Sprachraum.
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